Obwohl fast ausnahmslos auf diesem Blog das Investieren in ETFs und Aktien thematisiert wird, kommt man an der Börse an Charts und deren Interpretation nicht umhin.
Wer langfristig am wirtschaftlichen Erfolg der Volkswirtschaften beteiligt sein will und keine Zeit hat, sich mit Aktien zu beschäftigen sollte ETF-Sparpläne nutzen. Hier benötigst du kein großes Finanzwissen und kannst trotzdem einfach und kostengünstig dir die Marktrendite sichern. Mehr dazu findest du hier und hier.
Da bei ETFs der zugrundeliegende Index (z.B. der DAX, MDAX oder der S&P 500) nachgebildet wird, hast du automatisch alle Werte im Depot die diesen Index nachbilden, also die „Renner“ und die „Luschen“.
Bei Aktieninvestments wird versucht, nur die „Guten“ zu kaufen. Mit der Analyse von fundamentalen Daten (wie Gewinnwachstum, Umsatzdynamik, Dividendenrendite, Verschuldungsgrad usw.) wird versucht, die aussichtsreichsten Unternehmen zu finden. Diese Fundamentalanalyse untersucht die wirtschaftliche Entwicklung vergangener Zeiträume und versucht darauf aufbauend die zukünftige Entwicklung zu antizipieren, was mal mehr und mal weniger gelingt.
Beim Trading spielen solche Untersuchungen eine untergeordnete Rolle, hier werden oft bestimmte Chartmuster herangezogen, um kurzfristige Kauf- und Verkaufsentscheidungen zu treffen, die dir hoffentlich die gewünschte Erträge generieren.
Um diese Chartmuster und die Kursdarstellung geht es hier. Ich beschränke mich im wesentlichen auf zwei Darstellungen von Kursverläufen – den klassischen Kerzenchart (Candlestick) und den Kerzenchart nach Heikin Ashi. Mittels Chartanalyse werden auch bei Aktieninvestments StopLoss Limits gesetzt zur Absicherung oder Gewinnmitnahme. Dazu werden die Candlesticks mit anderen Indikatoren (z.B. 200-Tage-Linie oder ATR) kombiniert.
Eine Kerze unterscheidet sich zunächst in der Farbe, rote Kerze (auch schwarze) fallende Kurse, grüne Kerze (auch weiße) steigende Kurse.
Die Striche oben und unten heißen Docht und dokumentieren das Hoch bzw. Tief.
Steigend (bullisch) am Kerzenkörper unten die Eröffnung und oben am Kerzenkörper der Schlußkurs, bei fallend genau umgekehrt.
Die Kerzen können im Tageschart, Monatschart usw. dargestellt werden, d.h. bei einer Tageskerze entspricht die Kerze einem Tag, bei Monatschart entspricht die Kerze einem Monat
Heikin Ashi Kerzen
Hier siehst du die zwei verschiedenen Darstellungen der Kursverläufe der BionTec-Aktie dargestellt mit der Chartsoftware von CAP-Trader (TradingView).
Wenn du zum ersten Mal einen Heikin Ashi Chart siehst (Bild 2), könntest du auf den Gedanken kommen, dass du damit den schon so lange gesuchten Heiligen Gral gefunden hast. Mit dieser geglätteten und wellenförmigen Preisdarstellung ist es einfach, den Trend zu erkennen und von diesem profitieren zu können. Im Gegensatz zum Standard-Candlestick im Bild 1 ist Heikin Ashi ruhiger.
Das trifft allerdings nur dann zu, wenn Heike-Ashi Charts tatsächlich die wahren Kurse zeigen würde. Das ist aber nicht der Fall.
Heikin Ashi Charts, manchmal auch Heiken Ashi Chart geschrieben, wurden ursprünglich in Japan entwickelt. Heikin Ashi kann auf Deutsch mit “durchschnittlicher Balken” übersetzt werden. Im Westen wurden Heikin Ashi Charts durch die Arbeit des schwedischen Traders Dan Valcu bekannt.
Obwohl der Heikin Ashi Chart auf den ersten Blick eine große Ähnlichkeit mit Kerzencharts hat, dient diese Art von Charts nicht dazu, den tatsächlichen Kursverlauf des betrachteten Wertes abzubilden.
Die Schluss- und Eröffnungskurse der Heikin Ashi Kerzen entsprechen deshalb nicht den tatsächlichen Schluss- und Eröffnungskursen des zugrunde liegenden Wertes.
Die Kerzen im Heikin Ashi Chart ähneln stark den Kerzen des Kerzencharts. Auch hier geben ein oberer Docht und ein unterer Docht den Höchstkurs und den Tiefstkurs wieder.
Die obere und untere Begrenzung des Kerzenkörpers zeigen hingegen den Eröffnungskurs und den Schlusskurs an.
Wenn der Eröffnungskurs unter dem Schlusskurs lag, ist der Kerzenkörper grün (weiß) eingefärbt. Lag der Eröffnungskurs hingegen über dem Schlusskurs, wird der Kerzenkörper rot (schwarz) eingefärbt.
Für die Berechnung einer Heikin Ashi Kerze werden insgesamt sechs Werte benötigt.
- Der Eröffnungskurs der vorherigen Heikin Ashi Kerze
- Der Schlusskurs der vorherigen Heikin Ashi Kerze
- Der Höchstkurs des betrachteten Zeitintervalls
- Der Tiefstkurs des betrachteten Zeitintervalls
- Der Eröffnungskurs
- Der Schlusskurs
Zur Verdeutlichung sind die sechs benötigten Kurswerte unten in den beiden Charts abgebildet.
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Der linke Chart ist ein normaler Kerzenchart, in dem die tatsächlichen Kurse eingezeichnet sind.
Rechts befindet sich der Heikin Ashi Chart.
Die zu berechnende Kerze ist die zweite, mit unterbrochener Linie eingezeichnete, Kerze im Heikin Ashi Chart.
Soll also beispielsweise die Heikin Ashi Kerze in einem Tageschart berechnet werden, so werden der Tageshöchstkurs, der Tagestiefstkurs, der Eröffnungskurs und der Schlusskurs, sowie Schluss- und Eröffnungskurs der Heikin Ashi Kerze des Vortages benötigt.
Aus der oben beschriebenen Art der Berechnung ergeben sich folgende Konsequenzen:
- Es gibt keine Gaps. Da der Eröffnungskurs immer genau in der Mitte des Vorbalkens liegt, können Kurssprünge bei Handelseröffnung nicht angezeigt werden.
- Eine grüne Aufwärtskerze im Heikin Ashi Chart muss nicht bedeuten, dass der Kurs tatsächlich gestiegen ist. Eine Aufwärtskerze zeigt lediglich an, dass der Mittelwert aus Hoch, Tief, Eröffnung und Schluss über dem Mittelwert des Vorbalkens liegt.
- Farbwechsel der Kerzen treten seltener auf. Vergleicht man einen Heikin Ashi Chart mit einem Candlestick Chart (siehe oben), so fällt auf, dass im Heikin Ashi Chart viel öfter gleichfarbige Kerzen aufeinanderfolgen. Die Erklärung dafür ist, dass für die Berechnung der neuen Kerze die Werte von zwei Perioden herangezogen werden, sodass es zu einer Glättung der Werte kommt.
Verwendung des Heikin Ashi Charts im Trading
Wie bereits erwähnt, eignen sich Heikin Ashi Charts besonders gut dazu, Trends zu visualisieren. Während es in anderen Charts immer wieder zu kleine Gegenbewegungen kommt, werden diese im Heikin Ashi Chart herausgefiltert, sodass es häufig zu einer langen Aneinanderreihung von gleichfarbigen Kerzen kommt.
Hier sei aber erwähnt, dass der Heikin Ashi Chart oft auch dann noch einen Aufwärtstrend anzeigt, wenn andere Charts schon längst ins Minus gedreht haben.
Allgemeine Regeln für den Heikin Ashi Chart sind:
Grüne Kerzen zeigen eine Aufwärtsbewegung an.
- Je länger der Kerzenkörper der grünen Kerze ist, desto stärker ist die Aufwärtsbewegung
- Grüne Kerzen ohne unteren Docht zeigen eine starke Aufwärtsbewegung an.
Rote Kerzen zeigen einen Abwärtsbewegung an.
- Je länger der Körper einer roten Kerze, desto stärker ist die Abwärtsbewegung.
- Rote Kerzen ohne oberen Docht zeigen eine starke Abwärtsbewegung an.
Kerzen mit kleinen Körpern und langen Dochten zeigen an, dass sich der Trend abschwächt und ein Trendwechsel bevorstehen könnte.
Ein Farbwechsel deutet einen Trendwechsel an, und sollte zum Schließen/ Drehen der Position genutzt werden.
Achtung!
Wann immer mit dem Heikin Ashi Chart gearbeitet wird, sollte bedacht werden, dass der Chart nicht die tatsächlichen Kurswerte wiedergibt. Daher sollte immer gleichzeitig ein normaler Chart im Auge behalten werden.
Der Heikin Ashi Chart suggeriert manchmal Gewinne, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden sind. Dann kommt es oft beim Auflösen der Position zu einem bösen Erwachen, weil der tatsächliche Kurs viel niedriger/ höher ist, als im Heikin Ashi Chart angezeigt.
Der Heikin Ashi Chart sollte deshalb immer als unterstützender Indikator neben einem anderen Chart, der auf den tatsächlichen Kurswerten basiert, genutzt werden.
Was sind nun klassische Kerzencharts?
Japanische Kerzencharts wurden erstmals im Reishandel an der Börse von Osaka (Japan) eingesetzt. Die einzelnen Kerzen im Kerzenchart zeigen jeweils den höchsten Kurs, den tiefsten Kurs, den ersten Kurs und den letzten Kurs eines bestimmten Zeitintervalls an. Grüne Kerzen zeigen an, dass der Kurs gestiegen ist. Rote Kerzen zeigen an, dass der Kurs gefallen ist.
Der Kerzenchart betrachtet bestimmte Zeitintervalle. Für jedes neue Zeitintervall (5 Minuten, Tag, Woche etc.) wird eine neue Kerze in den Chart eingezeichnet. Im Tageschart wird zum Beispiel für jeden neuen Tag eine neue Kerze eingezeichnet; im Stundenchart wird für jede neue Stunde eine neue Kerze eingezeichnet usw.
Jede Kerze im Kerzenchart zeigt vier Werte an.
- Den höchsten Kurs im betrachteten Zeitintervalle
- Den tiefsten Kurs des Intervalls
- Den ersten Kurs (Eröffnungskurs).
- Den letzten Kurs (Schlusskurs).
Das Bild unten zeigt zwei Kerzen in einem Tageschart. Die Kerzen bestehen aus einem Körper und den beiden Schatten. Der Körper ist der mittlere, kastenförmige Teil der Kerze, die Schatten sind die beiden Linien unterhalb und oberhalb des Körpers.
Der höchste Punkt des oberen Schattens gibt den Tageshöchstkurs an, der tiefste Punkt des unteren Schattens markiert den tiefsten Kurs des Tages. Der obere Schatten wird manchmal auch als Docht bezeichnet, während der untere Schatten auch Lunte genannt wird.
Die oberen und unteren Balken des Kerzenkörpers markieren den Eröffnungskurs und den Schlusskurs.
Wenn der Schlusskurs oberhalb des Eröffnungskurses liegt, wird der Körper der Kerze grün eingefärbt.
Schließt der Kurs am Tagesende hingegen unter dem Eröffnungskurs, so ist der Kerzenkörper rot gefärbt.
Eine Grüne Kerze zeigt also an, dass der Kurs an diesem Tag gestiegen ist.
Eine Rote Kerzen zeigt an, dass der Kurs gefallen ist.
Ein großer Vorteil des Kerzencharts gegenüber anderen Chartarten ist die Einfachheit, mit der man mit einem einzigen Blick auf die Kerze Rückschlüsse auf die Kursbewegung an dem betreffenden Tag treffen kann.
1.) Eine große Kerze mit sehr kleinen Schatten und großem Körper zeigt eine starke Kursbewegung in Richtung des Schlusskurses an.
2.) Eine Kerze mit großen Schatten in beide Richtungen deutet auf einen regen Handel unter starken Schwankungen hin.
3.) Eine kleine Kerze mit kleinen Schatten lässt hingegen eher auf einen unaufgeregten Handel schließen.
4.) Ein langer Schatten in eine Richtung zeigt an, dass es im Handelsverlauf zu einer starke Kursbewegung in eine Richtung gekommen ist, der Kurs aber an einem Punkt abgeprallt ist und wieder fast bis zu seinem Eröffnungskurs zurückgeworfen wurde.
Um einen Kerzenchart richtig lesen zu können, dürfen nicht nur die einzelnen Kerzen betrachtet werden, sondern die Kerzen müssen im Kontext zueinander betrachtet werden.
Eine Reihe von aufeinanderfolgenden grünen Kerzen, die jeweils über ihrer Vorkerze schließen, deuten auf einen starken Aufwärtstrend hin.
Eine Ansammlung von roten Kerzen, die tiefer als ihre Vorgänger schließen, zeigen hingegen einen Abwärtstrend an.
In einer Seitwärtsbewegung wechseln sich die Kerzenfarben ab. Ebenso deuten aufeinanderfolgende Kerzen mit langen oberen und unteren Dochten auf einen unentschlossenen Markt hin. Oftmals prallt der Kurs mehrmals hintereinander an der selben Stelle ab. Dies ist im Kerzenchart daran zu erkennen, dass mehrere Dochte am selben Punkt im Chart enden. Diesem Bereich sollte der Trader besondere Aufmerksamkeit schenken. Wenn es dem Kurs gelingt diese Widerstände zu überwinden, kommt es oft zu einer starken Kursbewegung.
Einsatz von Kerzencharts im Trading
Kerzenformationen (Candlestick Patterns)
Die Analyse von Kerzenformationen ist eine eigene Disziplin in der Charttechnik, über die mittlerweile ganze Bücher geschrieben wurden. Kerzenformationen bestehen zumeist aus 1-5 Kerzen und dienen dazu kurz- bis mittelfristige Kursbewegungen vorauszusagen. Es gibt Kerzenformationen, die eine Trendumkehr voraussagen und Kerzenformationen die ein Fortbestehen des Trends prognostizieren.
Beispiele für Kerzenformationen sind:
- Hammer
- Shooting Star
- Hanging Man
- Inverted Hammer
- Dark Cloud Cover
- Piercing Pattern
- Bullish Engulfing Pattern und Bearish Engulfing Pattern
- Morning (Doji) Star und Evening (Doji) Star
- Rising Three Methods und Falling Three Methods
Kerzencharts in Kombination mit anderen technischen Indikatoren
Der Kerzenchart wird oft in Verbindung mit anderen technischen Indikatoren verwendet.
Gleitende Durchschnitte und Trendkanäle werden oft genutzt um Signale zum Einstieg und Ausstieg in eine Position zu generieren. In diesem Fall wird ein Handelssignal erzeugt, wenn eine der Kerzen im Chart die Linie eines Durchschnitts oder eine Kanallinie schneidet.
Des weiteren können Indikatoren auch kombiniert mit den oben beschriebenen Kerzenformationen genutzt werden. Beispielsweise kann ein gleitender Durchschnitt genutzt werden, um den übergeordneten Trend des Kurses zu ermitteln. Wenn der Durchschnitt einen Aufwärtstrend anzeigt, werden nur Kerzenformationen gehandelt, die ein Kaufsignal signalisieren. Zeigt der Durchschnitt hingegen einen Abwärtstrend an, so werden nur Verkaufssignale gehandelt.
Fast jeder Broker hält kostenlose und kostenpflichtige Chartsoftware bereit, in der du Standardkerzen oder Heikin Ashin Kerzen verwenden bzw. zwischen beiden Darstellungen auch wechseln kannst.
Ich nutze als Chartsoftware meinen Hauptbroker CAP-Trader, der ein sehr gutes Tool „TradingView“ kostenlos bereit stellt. Weiterhin greife ich auf FINVIZ.COM, BARCHART.COM und auch sehr gern auf tradesignalonline.com zurück.
Wenn du mehr erfahren willst über die interessanten Möglichkeiten der technischen Analyse mit Candlesticks, dann empfehle ich dir diese beiden Bücher. Durch anclicken gelangst du zu AMAZON und kannst dich dort auch noch nach anderen Büchern umschauen.